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Bruchstücke

Drei Erzählungen

Erschienen am 23.02.2018, Auflage: 1/2018
17,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783944751177
Sprache: Deutsch
Umfang: 157 S.
Format (T/L/B): 1.3 x 21 x 14.1 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Eigentlich hätte es ein Familienausflug zu fünft werden sollen, aber nun sind es nur der wortkarge Vater und die erwachsene Tochter, die an der Haltestelle auf den Bus der Reisegesellschaft warten, der sie zum Kirschenpflücken in die japanischen Alpen bringen soll. 'Ein Ausflug zu zweit ist doch auch ganz schön', hatte ihre Mutter gesagt, aber die junge Frau sieht dem Tag eher skeptisch entgegen. Sie flüchtet sich ins Fotografieren und Beobachten und entdeckt dabei an ihrem Vater Seiten, die sie zugleich verschrecken und versöhnen.

Autorenportrait

Nanae Aoyama wurde 1983 in Saitama geboren. Ihr schriftstellerisches Debüt gab sie 2005 mit der Novelle Mado no akari (Licht im Fenster), für das sie mit dem Bungei-Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Es folgten weitere Veröffentlichungen und Preise, darunter 2007 der Akutagawa-Preis für Hitori biyori (Eigenwetter, cass 2015). Für ihre Erzählung Bruchstücke erhielt sie 2009 als bislang jüngste Preisträgerin den Kawabata-Preis.

Leseprobe

'Ein Ausflug zu zweit ist doch auch ganz schön', hatte meine Mutter gesagt, und ja, ich konnte mich nicht erinnern, mit meinem Vater jemals einen Ausflug unternommen zu haben. Vielleicht als ich ganz klein war. Aber im Umgang mit Kindern war mein Vater noch nie gut gewesen, außerdem gehörte er zu den Leuten, die nicht viele Worte machten, von Witzen ganz zu schweigen. In der Pubertät hatte ich einmal versucht, ihn nicht als meinen 'Vater' zu betrachten, sondern als den Menschen 'Tadao Endo', aber es war, als kämen sich zwei gleichnamig geladene Teilchen zu nahe, 'Tadao Endo' ließ sich nicht fassen. Einmal war es zu Hause im Eingang zwischen meinem Vater und meinem Bruder, der damals zur Oberschule ging, zu Handgreiflichkeiten gekommen. Mein schmächtiger, blasser Vater gegen meinen kräftigen, braungebrannten Bruder. Es hatte so ausgesehen, als renne ein Kleinkind gegen einen ausge- wachsenen Sumoringer an. Ich war gerade aus dem Bad gekommen, stand da - ohne meiner Mutter, die versuchte, die beiden zu trennen, zu helfen - und spürte, wie das Interesse an meinem Vater zusammen mit der Restfeuchte auf meiner Haut verdampfte. Das einzige, was blieb, war ein Gefühl irgendwo zwischen Mitleid und Abscheu. Mein Bruder wollte mir nicht sagen, was der Auslöser für den Streit gewesen war. Ich nahm an, dass mein Vater gute Gründe gehabt hatte, sich mit ihm zu prügeln, aber so weit, dass ich ihn danach gefragt hätte, ging mein Interesse schon nicht mehr. Ich beließ es bei 'Vater'. Wahrscheinlich, weil es das Einfachste war. Ich hatte damals so viele andere Dinge im Kopf, dass ich den vermeintlich fass- baren und zugleich doch nicht-fassbaren Tadao Endo einfach Tadao Endo sein ließ und vergaß.

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